Landwirt und Bauer

 

Landwirt oder Bauer oder  (von mhd. gebûre „Mitbewohner, Nachbar, Dorfgenosse“) ist ein Beruf der Landwirtschaft. Ein Landwirt produziert tierische oder pflanzliche Erzeugnisse, meist zur Nutzung als Nahrungsmittel. Überwiegend bewirtschaftet er dazu landwirtschaftliche Nutzflächen. Wirtschaftlich betrachtet ist er mit einem Bereich der Urproduktion befasst.

 

Zu den Begriffen Landwirt und Bauer

Landwirt ist die moderne Bezeichnung für einen Beruf, gebildet aus Landbau (mit Land im Sinne von „Landschaft“ oder „Boden“) und Wirt („Wirtschafter“, „Hauswirt“, „Ökonom“). Den Beruf Landwirt erlernt man als Lehrberuf innerhalb des dualen Systems mit anschließender Meisterausbildung und/oder Fachschulbesuch oder mit einem Universitäts- oder Fachhochschulstudium. Ein Vollerwerbslandwirt betreibt Landwirtschaft als Hauptberuf und erzielt dabei mindestens 50 Prozent seines Einkommens aus der Landwirtschaft. Liegt der Anteil des landwirtschaftlichen Einkommens darunter, spricht man von einem Nebenerwerbslandwirt.[1]

 

Der Begriff Bauer wird aus geschichtlicher Sicht wie folgt definiert: „Bauer ist seit dem ausgehenden Frühmittelalter der Angehörige des weder ritterliche Aufgaben wahrnehmenden noch bürgerliche Gewerbe treibenden untersten Standes der nach Berufsständen gegliederten Gesellschaft, dem nach Aussonderung der Ritter und Bürger allein das Betreiben von Landwirtschaft verblieb.“[2][3]

 

Schon althochdeutsch ist pûr überliefert, das verwandt ist mit gipûr, Plural gipûrâ „Mitbewohner, Dorfgenosse“ oder pûari, Plural pûarrâ „Landmann“, „Landvolk“,[4] ferner in Nähe steht zu pûr, bûr „Bau, Heim, Wohnstatt“,[5] neuhochdeutsch Bauer „Nest, Käfig“, aber im Dialekt auch „Lagerraum“ oder „Kammer“. In diesem Zusammenhang ist Bau, althochdeutsch pû, allgemein die bewirtschaftende Tätigkeit – wie in Feldbau, Obstbau, Weinbau, synonym zu lateinisch cultura „Kultivierung“.[6]

 

Später wird Bauer zur Standesbezeichnung (Bauernstand, „Mitglied der Bauernschaft“). Regional sind noch weitere Unterscheidungen bekannt: Ackermann, Vollbauer, Halbbauer, Vollspänner, Halbspänner, Kossäte oder Köt(h)ner, Hintersiedler, Häusler oder Büdner. Diese Bezeichnungen waren Ausdruck einer Hierarchie im Sozialsystem der dörflichen Gemeinschaft und beziehen sich meist auf die Grundgröße oder den Rang der Landwirtschaft.

 

Das Wort Bauer drückt auch eine Lebensweise aus (Ackerbauer und Viehzüchter). Der Bewohner der Großstadt verwendet die Bezeichnung Bauer zumeist für alle Menschen, die irgendwie in Land- oder Viehwirtschaft arbeiten. Landwirt ist die neuere, moderne Bezeichnung, aber nicht allgemein gebräuchlich.

 

Sprachlich wird weder beim Landwirt noch beim Bauern zwischen Landbestellung (Landbau) und der Ausführung von Viehzucht unterschieden. In Österreich gibt es aber umgangssprachlich die Ausdrücke Hörndlbauern (Schwerpunkt Viehzucht) und Körndlbauern (Schwerpunkt Ackerbau).

 

Weitere Formen sind:

  • Bergbauer ist – wie „Bauer“ selbst – ursprünglich eine soziologische Bezeichnung und wird in diesem Sinne in der Ethnologie gebraucht. Heute ist der Bergbauer im Alpenraum über Erschwerniszonen aber primär rechtlich abgesichert, nur eine besonders arbeitsaufwändige Lage der Gründe (in Österreich etwa nach dem Berghöfekataster) [7] rechtfertigt eine Einstufung zum Bezug eines Bergbauernzuschusses (heute EU-weit Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten und nationale Beihilfe). [8]

  • Biobauer bezog sich ursprünglich auf eine Anbauweise (biologische/ökologische Landwirtschaft), ist heute in Österreich aber auch Berufsbezeichnung für eine Berufspezialisierung.

  • Diplomlandwirt war bis 1971 ein akademischer Grad, der an deutschen landwirtschaftlichen Hochschulen und Landwirtschaftsfakultäten deutscher Universitäten erworben werden konnte.

  • LPG-Bauern waren in der DDR die Mitglieder einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft.

  • Neubauern sind Personen, welche im Zuge der Bodenreform (Deutschland nach 1945) Neubauernstellen erhielten.

  • Der Verwaltungslandwirt ist eine meist agrarwissenschaftlich ausgebildete Person, die im staatlichen Auftrag handelt oder in landwirtschaftsnahen Verbänden Beratungsaufgaben wahrnimmt.

  • Als Wehrbauern bezeichnet man Landwirte, die in Grenzgebieten durch entsprechende staatliche Maßnahmen angesiedelt worden waren.

Berufsbild

Aufgaben

 

Einst war der Umgang mit der Sense Grundbestandteil bäuerlicher Fähigkeiten (Peter Henry Emerson: In The Barley Harvest, etwa 1886)

 

Hauptaufgabe eines Landwirts ist die Erzeugung von Agrarprodukten, wie Nahrungsmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft, daneben auch Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen und Lieferant von Energie (zum Beispiel Rapsöl, Biogas). Diese Betätigung umfasst auch Management und Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes einschließlich bäuerlicher Forstwirtschaft (Kleinwald).

 

Im Berufsbild sind zwei Aspekte zu nennen, die in der Stellung der Landwirtschaft in der Gesamtwirtschaft der modernen Industriestaaten zu sehen sind:

  • das Angebot von Dienstleistungen, beispielsweise im Bereich Freizeit und Erholung (Agrotourismus, Fremdenverkehr im ländlichen Raum) sowie

  • die Natur- und Landschaftspflege, Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft.

Das moderne Berufsbild legt insbesondere auch Wert auf schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft sowie die Beachtung der ökologischen Zusammenhänge und des Tierschutzes.

 

Früher war der Beruf körperlich sehr schwer, Arbeitszeiten von täglich bis zu 14 Stunden in den Monaten der Haupternte waren und sind immer noch üblich.

Tätigkeitsbereiche

 

Der Landwirt als Energiewirt: Agrarenergie hat eine stark wachsende Bedeutung (Fermenter einer Biogasanlage, Photovoltaikanlage (hinten) und Windkraftanlage)

  • Pflanzenproduktion: Getreide- und Maisanbau, Hackfruchtanbau (beispielsweise Zuckerrüben, Kartoffeln), Ölfrüchteanbau (zum Beispiel Raps), Hülsenfrüchteanbau (beispielsweise Erbsen, Ackerbohnen), Ackerfutterbau (zum Beispiel Kleegras, Silomais), Grünlandbewirtschaftung, Obstbau sowie Weinbau („Winzer“)

  • Tierproduktion: Milchviehhaltung, Rinderaufzucht oder Rindermast, Schweinehaltung und Ferkelerzeugung, Schweineaufzucht oder Schweinemast, Legehennenhaltung, Geflügelaufzucht oder Geflügelmast, Schafhaltung, Pferdehaltung

  • Agrarenergie/Energieproduktion (Energiewirt): Anbau von Biomasse und ihre energetische Verwertung, Windkraft, Photovoltaik. Viele Landwirte sind dabei gleichzeitig Rohstoffproduzenten von Kraftstoffen wie Pflanzenöl, Biodiesel oder Bioethanol sowie Betreiber von Kraftwerken (zum Beispiel Biogasanlagen), deren Stromeinspeisung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet wird.

Landwirte aus soziologischer Sicht

Landwirte sind aus soziologischer Sicht deswegen interessant, weil sie oft als ein Beispiel für Resilienz beziehungsweise für Anpassungsfähigkeit gesehen werden.[17] Obwohl Landwirte global gesehen oft in Armut leben, treten etwa die typischen Auswirkungen der Armut bei ihren Kindern in der Regel nicht auf.

 

Mit Wertorientierungen unter amerikanischen Landwirten beschäftigte sich auch Glen Elder. Beim Iowa Youth and Families Project stellte er fest, dass Armut auf Landwirtskinder erstaunlich wenig Konsequenzen hat.[17][18]

Soziale Stellung

 

Die soziale Stellung der deutschen Landwirte in der Geschichte ist seit dem Mittelalter gekennzeichnet durch Leibeigenschaft, Hungersnöte, das Aufbegehren in Bauernkriegen und die regional sehr unterschiedliche Agrarstruktur. Nach dem Frieden von Tilsit 1807 waren Karl Freiherr vom Stein und Karl August Fürst von Hardenberg die Hauptinitiatoren einer neuen Agrarverfassung, und Wilhelm von Humboldt leitete Reformen im Bildungswesen ein. In der Folge entstand ein bescheidener sozialer Aufstieg der Landwirte, der durch den Zusammenschluss der Landwirte in Genossenschaften, Vereinigungen wie der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft sowie Verbesserung der Ausbildung durch die Gründung von Fachschulen und landwirtschaftlichen Akademien abgesichert wurde. Beispiele hierfür sind die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, die landwirtschaftliche Akademie Möglin oder die Akademie Hohenheim.

 

Eine besondere Phase durchlief die deutsche Landwirtschaft während der Zeit des Reichsnährstandes infolge der Blut-und-Boden-Ideologie der nationalsozialistischen Regierung.

Einzelnachweise