Bayerische Hexenprozesse

Geschichte der Hexenprozesse in Bayern von Siegmund Riezler, 1896

1653.
Verhandlung vor dem bayerischen Pfleggerichte Reichenberg gegen die Bettlerin und Landstreicherin Marie Killnerin und ihren 13jährigen Begleiter Georg Kilian, beide gefangen in der Fronfeste Pfarrkirchen. Der Bube, dessen Mutter eine Hexe gewesen, ist seit 4 Jahren in Gesellschaft der Killnerin dem Bettel nachgezogen. Er beschuldigt, angeblich in gütlicher Aussage, wahrscheinlich unter Androhung der Folter, die Killnerin, sie habe ein Wetter gemacht, sei in Keller eingefahren und bei Hexentänzen gewesen. Beschreibt einen Hexentanz, woran neben dem ganz feurigen Teufel 16 Personen teilgenommen, in einem Dorfe eine Meile vom Heiligen Berg (Andechs) entfernt. „Bei diesem Tanz haben sie weiter nichts gehabt als Bier getrunken." Von ihm habe der Teufel dort die Verschreibung verlangt, und da er sie verweigerte, ihm mit seinen Krallen zwei starke Kratzer auf dem Kopf eingedrückt, die man noch sehe. Wie willst du dich dem Teufel verschreiben, habe seine Mutter gesagt, kannst ja nicht schreiben! Da habe ein junger Student oder Schreibersbub, der sich beim Wirt auf dem Peissenberg aufgehalten, für ihn unterschrieben. Zu einer andern Hexenversammlung zu Peiting mitten im Dorf seien über 60 Personen auf Böcken geritten gekommen. Das nötige Getränk zu diesem Fest haben sie sich aus den Kellern in Peiting geholt, in die sie einfuhren. Zwei Pfeifer haben aufgespielt, die „Prädl" (Braten) hat der Teufel selbst aufgetragen. Außer seiner Mutter, seinem Ahnl und dem mit ihm verhafteten Weibe habe er bei diesen Tänzen niemand erkannt. Weiter spricht er von einem Hexentanz mit 16 Personen bei Vilshofen. Die Alte, die unter ihren Kindern einen Kapuziner hat, gibt an, daß sie sich seit dem Tode ihres Mannes, eines Soldaten, vom Bettel ernährte. Sie sei 16mal nach St. Jakob (di Compostella) und 18mal nach Rom gezogen — Angaben, die wohl ebenso übertrieben sind wie die ihres Alters auf 98 Jahre. Sie kennt zwei Segen, einen gegen Feuer, den andern gegen Hundsbiß, die nach ihrem Diktat niedergeschrieben werden. Der Bube sei ein loser, vermaledeiter Schelm, man solle ihm doch um Gottes willen nicht glauben, er sage, was man haben wolle. Sie habe nie Wetter gemacht und habe Gott und Unsere Liebe Frau im Herzen, darauf wolle sie leben und sterben. Auf die Mitteilung dieser Aussagen an die Regierung erfolgt der Bescheid: Sowohl der Bube als das Weib sollen peinlich mit Ruten weiter gefragt werden. Der denunzierte Schreibersbub sei schon vor 20 Jahren von Peissenberg hinweggezogen, zu einer Zeit, da der Angeklagte Kilian noch nicht am Leben war. Diese Feststellung bietet jedoch der Regierung keinen Anlaß, die anderen Angaben Kilians als ebenso erlogen zu betrachten. Weitere Akten fehlen.